Gewächshaus
Endlich soll es einen Schritt weitergehen, mit unserer Autarkie. Nachdem unsere Pferde unter Dach und Fach sind und der Permagarten seinen ersten Spatenstich hinter sich hat, beschließen wir, uns dem Bau des Gewächshauses zu widmen. Unsere Vorstellung ist eine ganz einfache und kostengünstige Version aus alten Fenstern, die wir irgendwie kunstvoll zu einem Anlehnhaus zusammenfrickeln. Darunter sollte ein kleines Streifenfundament ausreichen, wird ja nicht so üppig, das Ganze…
So weit der Plan.
Der Platz ist schnell gefunden. An der Südwand der Maschinenhalle ist eine prima Fläche vorhanden, an die wir unsere Bastelarbeit dranklatschen können.
Wir legen die Abmessungen fest und mieten einen kleinen Minibagger, um den Aushub für das Streifenfundament auszubaggern. Schon beim ersten Stich in den Boden die Überraschung… Müll. Na toll, was soll das denn? Nun gut, erstmal weiterbaggern… Müll, Müll, Müll… nix als Müll. Wir wollens wissen und baggern einfach weiter. Das Problem ist, es hört nicht auf. Einen Tag später stehen wir vor einer dreieinhalb Meter tiefen Baugrube, inzwischen ein mehrfaches so groß, wie das ganze Gewächshaus geplant war. Mehrere LKW mit Müll haben wir inzwischen auf die Deponie gefahren. Das alleine hat schon die veranschlagten Kosten für unser Gewächshaus gesprengt, aber was will man machen? Wir wollen hier heile Erde, da können wir doch nicht einfach den Mantel des Schweigens wieder drüberbaggern. Wir zerbrechen uns die Köpfe, wie dieses Projekt jetzt ausgehen soll. Das Loch mit gutem Mutterboden zuschaufeln und auf ein Gewächshaus verzichten? Wir brauchen ein Gewächshaus… Nein! Jetzt erst recht! Wir beschliessen das Projekt neu anzugehen, kalkulieren, motivieren und telefonieren und kommen am Ende zu dem Ergebnis, dass das Gewächshaus an unsere Ground Zero Baugrube angepasst wird. Ein Gebäude, dass man auf ein 4 Meter tiefes, zig Kubik Beton fressendes Punktfundament mit zentnerschweren Doppel-T-Trägern stellt kann nicht aus lumpigen Altglasfenstern bestehen.
Wieder mal ziehen wir unsere Freunde und Helfer Bille und Michael von Vergessene Künste zurate, zwei Experten im Bereich Planung, Architektur, Gartenbau und Permakultur, brüten über Skizzen, definieren unsere Bedürfnisse für die Zukunft und haben einfach nur Spaß daran, unsere Träume zu Papier zu bringen. Ein Glashaus soll es werden, mit einem Rahmenbau aus Holz… Hochbeete… gemauert aus Ziegeln, das wär schön. Dank der Erfahrung der beiden fließen am Ende noch unzählige Lösungen mit ein, die unser Gewächshaus der Philosophie Permakultur ein gutes Stück näherbringen. So wird es am Ende ein Haus, wie wir es uns nicht erträumt hätten.
Jetzt heisst es erstmal die Materialien ranschaffen. Hier in der Region gibt es keine frostfesten Abrissziegel, also stöbern wir im Internet und finden einen Anbieter, der gerade im Osten Deutschlands eine Fabrik aus wunderschönen doppelt geflammten Tonziegeln abreisst. Da wir neben dem Gewächshaus schon weitere Spinnereien im Kopf haben, machen wir mal ne Überschlagsrechnung und landen bei 19 Paletten zu je einer Tonne Ziegeln… WOW. Bestellung raus und einige Tage später erreicht uns der Anruf, dass der Laster bald vor der Tür stehen wird. Hat er dann auch, was wir nicht wussten ist, dass das gleich ein ausgewachsener 40t Sattelzug ist. Den Anblick eines solchen Monsters ist man auf der Autobahn ja gewohnt, aber wie soll das Teil durch unsere kleine Waldzufahrt den Hügel runter zum Haus und vor allem jemals wieder zurück kommen??? Der Fahrer kam dann auch erstmal die letzten hundert Meter zu Fuß, ein weiser Entschluß. Damit er die Hände überm Kopf wieder runterbekommt, haben wir ihm dann erstmal ne Tasse Kaffee in die Hand gedrückt und einen Schlachtplan fürs Ranfahren, Abladen, Wenden und wiederrausfahren entwickelt. Könnte so ziemlich auf den Zentimeter genau gut gehen… also, nix wie ran!
Jipiehhh… die Ziegel sind da. Jetzt wirds nochmal spannend. Nicht dass wir den LKW am Ende auch noch abkaufen müssen.
Irgendwie ging das am Ende tatsächlich gut und wir konnten loslegen. Wir haben das Gewächshaus in einen Kalthausbereich und ein Warmhaus unterteilt, das im Winter über ein Wärmetauschersystem mit der Hitze unseres Pferedemisthaufens geheizt wird. Ohne Strom und Regeltechnik ist es selbstbelüftend und selbstbewässernd. Kompostiert wird direkt vor Ort und auch eingelagert wird innerhalb des Kalthauses in Erdmieten, für die wir ja schon eine prima Grube hatten. Wie eigentlich alls, was wir hier anfangen, ist auch dies ein Pilotprojekt. Wir sind sehr gespannt, wie es sich entwickeln und funktionieren wird…
Die Grundmauern stehen. Wir haben uns in den warmen Gelbton der Ziegelmauer jetzt schon verliebt. Im Warmhaus haben wir die Heizung integriert und wir beginnen mit dem Auffüllen des Bodengrundes.
Zeit für den Zimmermann, der den Aufbau bereits in der Werkstatt nach unseren Plänen vorkonfektioniert hat. Zur Sicherheit kommt er nochmal mit dem Lasermessgerät vorbei und nimmt die Rohbaumaße. Da staunt er nicht schlecht, als er die geplanten Achtmetervierzig Gesamtlänge nachprüft. Unser Maurer hat ganze Arbeit geleistet und die Digitalanzeige zeigt exakt 840,000 cm an. So ists recht Der Aufbau steht, da kommen auch schon die Gläser. Nochmal ein spannender Moment, wenn die schweren Glaselemente in Position gebracht werden. Wieder mal sind es unser netter Nachbarbauer Georg und sein Sohn Franz, die uns mit ihrem Rückewagen aushelfen.
Die Gläser sind montiert und sofort breitet sich eine wohlige und geschützte Atmosphäre in dem Haus aus. Es ist still, nur das Murmeln des Baches, der sich direkt hinter dem Haus durch die Wildnis wühlt, dringt sanft ins Innere. Es ist ein Genuß sich darin aufzuhalten und so wird sicher auch die Arbeit in dem Haus eine Freude sein. Fast freut man sich schon auf den Winter, wenn man aus dem Warmhaus den Blick auf die verschneite Landschaft geniessen kann… *seufz* Den mit frischem Mutterboden aufgefüllten Hang terrassieren wir mit Naturmauern aus großen Flußbausteinen und schaffen so Anbaufläche für Dinkel und verschiedene Gemüsesorten. Weitere Informationen über die Nutzung des Gewächshauses findet ihr > hier.
Über die wirklich fundierte und für uns unerlässliche Konzeption von Vergessene Künste hinaus, bietet der Markt inzwischen viele raffinierte Möglichkeiten ein Gewächshaus lüftungs- und bewässerungstechnisch vom Strom unabhängig zu machen, wie etwa die wirklich genial einfachen, gasdruckgesteuerten Fensteröffner, mit denen wir eine wirksame Querlüftung realisieren konnten. Sie befinden sich an allen Fenstern, Türen und zwischen den Dachsparren, wo die Luft am wärmsten ist. Durch geschicktes Einstellen kann hier nahezu ein Kamineffekt realisiert werden, der für einen schnellen Luftaustauch an sonnigen Tagen sorgt. Eine zusätzliche Beschattung war dadurch bis jetzt nicht nötig.
Inzwischen sind zwei Winter vergangen und das Gewächshaus hat all unsere Pflanzen gut über die kalte Jahreszeit gebracht. Dank der Mistheizung gab es auch bei sportlichen Minusgraden im zweistelligen Bereich selbst in der Nacht keinen Frost. Dennoch haben wir die Heizung um einige Sonnenkollektoren erweitert, damit dem Mist nicht allzuviel Energie entzogen wird. Es besteht immer die Gefahr, den Verrottungsprozess abzuwürgen und somit die Wärmequelle zum Versiegen zu bringen. Der Misthaufen liefert jetzt nur noch, per Zeitschaltuhr geregelt, in der Nacht für einige Stunden Wärme. An sonnigen Tagen nutzen wir zusätzlich die hohe Effektivität der Sonnenkollektoren, um den Wärmepuffer in relativ kurzer Zeit wieder aufzuladen.
1 Comment
Katja Hesse
14. Mai 2014Liebe Goldhofer,
ich finde Eure Seite sehr interessant. Wir haben schon lange die Idee ein Gewächshaus mit Mistheizung zu bauen. Braucht nicht ganz so hübsch zu sein wie Eures, aber die Idee Pflanzen einen größeren Raum zu geben, den sie im Topf, im Zimmer nicht haben wäre toll!
Daher meine Frage: Habt ihr eine Anleitung dafür? Oder eine Quelle wo ich eine Anleitung bekommen könnte? Bei google war die Suche nicht so ergiebig…obwohl- ich bin auf Eure Seite gestoßen
l.G. Katja